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Spinalonga: Die Insel der Vergessenen
Alles was Du auf der ehemaligen Lepra-Insel vor Kreta gesehen haben musst!
Irgendwann hatten die Bauarbeiten angefangen. Was genau da gebaut wurde, wusste zunächst niemand so genau und gefragt hatte wohl auch niemand. Zu lange schon waren die Bewohner vom Rest der Welt abgetrennt, ausgesondert und verstoßen worden. Wer wusste schon, was da drüben auf Kreta oder gar auf dem Festland inzwischen so vor sich ging. Positives jedenfalls war lange nicht mehr von dort nach Spinalonga herübergekommen, vielleicht noch nie. Diesmal aber sollte es anders kommen. Das, was da gebaut wurde, war eine Desinfektionsröhre. Die Inselbewohner wussten es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber diese Röhre sollte das Ende ihrer Isolation bedeuten und nicht nur das: Für einige von ihnen sollte sie sogar bedeuten, dass es doch eine Rückkehr von der Insel der Vergessenen geben könnte.
Die Desinfektionsröhre kannst Du auch heute noch sehen, wenn Du mit einer der regelmäßig angebotenen Bootstouren von der beliebten Ferieninsel Kreta aus nach Spinalonga reist. Die Vergangenheit der Insel als Standort der letzten Lepra-Kolonie Europas ist der Grund dafür, dass dieses Eiland, etwa 15 Kilometer vom Ort Agios Nikolaos entfernt, ein ebenso beliebtes wie einzigartiges Ausflugsziel ist. Doch wer Spinalonga, das eigentlich Kalydon heißt, einzig und allein auf seine Rolle als Lepra-Insel Kretas reduziert, der tut ihr nicht nur Unrecht, sondern verpasst auch eine ganze Menge von dem, was diese Insel wirklich auszeichnet. Nur eine kurze Bootsfahrt von Kreta entfernt liegt nämlich ein Teil Griechenlands, der eine besonders vielseitige Vergangenheit hat und je nachdem, welche der vielen verschiedenen Themen der Insel Dich interessiert, kannst Du eine ganze Reihe von Erlebnissen haben.
Spinalonga, Ausflugsziel im Golf von Elounda
Nur 440 Meter breit ist die Insel, die sich im sommerlich warmen Wasser des Mittelmeers, genauer das Golfs von Elounda, erstreckt. Wie viele andere griechische Kleininseln ist sie unbewohnt. Falls Du Dir allerdings Hoffnung auf einen menschenleeren Strand zum Sonnenbaden gemacht hast, wird die Insel Dich enttäuschen – dafür sind einfach zu viele Besucher hier, vor allem in der Hauptsaison. Fährüberfahrten gibt es zum Beispiel ab Agios Nikolaos. Dies ist allerdings die längste Fahrtstrecke – die Passage dauert etwa eine Stunde – und das verkürzt Deine Aufenthaltszeit auf Kalydon.
Angesichts der vielen Sehenswürdigkeiten ist das ein Aspekt, den Du beachten solltest. Alternativen gibt es ab Elounda und Plaka, von dort aus bist Du mit authentischen, hölzernen Fischerbooten unterwegs und bist flexibler bei der Rückreise. Bei der Fahrt ab Agios Nikolaos allerdings hast Du die Option, Dich einer geführten Besichtigungstour anzuschließen. Mach Dich übrigens darauf gefasst, dass Kalydon aka. Spinalonga keine besonders ausgeprägte touristische Infrastruktur hat – es kann passieren, dass Du vor den wenigen Toiletten eine Weile anstehen musst.
Eine Reise in die Geschichte der Insel der Vergessenen
Wie so viele Orte in Griechenland hat auch die auf den ersten Blick eher unauffällige Insel vor Kreta eine ganz lange Geschichte. Ein Blick auf alte Karten zeigt auch, warum das so war: Für den antiken Hafen von Olous bot sich das Eiland als Schutzfestung geradezu an. Im Altertum stattete man sie also mit den notwendigen Verteidigungsanlagen aus. Dann aber begann erst einmal eine lange Zeit ohne irgendeine überlieferte Aktivität, bis die Venezianer sich im 16. Jahrhundert daran machten, die Welt zu erobern. Sie nutzten die antiken Grundmauern, um darauf eine beeindruckende Festung zu errichten. Ziel der Aktion war es vor allem, den Abtransport des wertvollen Salzes zu schützen, das die Venezianer auf der späteren Lepra-Insel vor Kreta aus dem Meer gewannen. Die mächtige Ringmauer, die im 16. Jahrhundert zur Befestigung der Insel in langer, harter Arbeit errichtet wurde, kannst Du bis heute ansehen, ebenso wie einige andere Reste aus der venezianischen Zeit. Das Bauwerk funktionierte wohl auch ganz gut, jedenfalls war Spinalonga beim Eroberungszug der Osmanen ab der Mitte des 17. Jahrhunderts eine der letzten venezianischen Bastionen, die sich geschlagen geben mussten.
Danach übernahmen die Osmanen die Herrschaft über die spätere Insel der Vergessenen. Muslimische Soldaten mit ihren Familien lebten hier, allerdings recht abgeschieden, denn zu den christlichen Einwohnern auf dem Festland gab es so gut wie keinen Kontakt. Spinalonga blieb muslimisch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Bei den Kämpfen während des Krieges zwischen den Türken und den Griechen wurde die Festung beschädigt, was der Befestigung der Insel das Aussehen verlieh, das Du heute bei einem Besuch hier vorfindest. Eine Zeit lang wurden wiederum Soldaten hier stationiert, diesmal waren es französische, doch ein größeres Interesse an der Insel gab es weiterhin nicht. Sie erwies sich damit als ein geeigneter Ort, um an abgeschiedener Stelle einen Lebensort für Kranke einzurichten. Die Befreiung der Insel von der osmanischen Herrschaft war also der Grundstein für die Lepra-Insel Kretas.
Die Lepra-Insel von Kreta
Dass die schon seit dem Altertum bekannte Krankheit Lepra in der deutschen Sprache manchmal auch als Aussatz oder Aussätzigkeit bekannt ist, hat seinen Grund. Denn nachdem in den 1870er Jahren der endgültige Nachweis darüber erbracht worden war, dass sich die Krankheit von Mensch zu Mensch weiterverbreiten konnte, es aber keine Heilmittel dagegen gab, entschloss man sich überall auf der Welt dazu, die Betroffenen zu isolieren, um die weitere Ausbreitung zu verhindern, sie also auszusetzen. Der damals kurzzeitig bestehende Staat Kreta musste nicht lange suchen, um für eine solche Isolierung der Kranken einen passenden Ort zu finden. Spinalongas taktisch günstige Lage wurde nicht mehr benötigt, weil die europäischen Großmächte Kreta schützten und so bot es sich an, daraus die Lepra–Insel Kretas zu machen. Die letzten verbliebenen muslimischen Einwohner wurden kurzerhand von der Insel entfernt und im Oktober 1904 wurden die ersten Kranken auf die Insel umgesiedelt. Man ging fest davon aus, dass die Betroffenen, die auf die Lepra-Insel vor Kreta geschickt wurden, dort noch eine Weile untereinander leben und dann irgendwann versterben würden – schließlich gab es kein wirksames Medikament, das die Krankheit hätte heilen können.
Da die Lepra zudem hochansteckend war, ging niemand davon aus, dass irgendjemand von den gesunden Einwohnern ein Interesse daran haben würde, die Lepra-Insel Kretas zu besuchen und so gab es in dieser Hinsicht anfangs auch keinerlei Vorkehrungen. Tatsächlich bedeutete die Verlegung eines Kranken nach Spinalonga für diesen, dass er damit für seine Verwandten und Bekannten quasi nicht mehr existierte; einen Kontakt gab es ab diesem Moment nicht mehr. Die Bezeichnung als Insel der Vergessenen wurde aus diesem Umstand geboren.
Das Leben auf der Insel der Vergessenen
Man darf wohl getrost davon ausgehen, dass das Leben mit der ansteckenden Krankheit für die Betroffenen ohnehin schon sehr schwer war. Bei der Lepra sterben zunächst die Nerven ab, so dass der Mensch das Gefühl für Verletzungen oder Schmerzen verliert. In einer späteren Phase werden dann auch Muskeln und Knochen von den auslösenden Bakterien befallen, so dass die Erkrankten gar nicht mehr in der Lage sind, sich zu bewegen. Die Krankheit selbst ist nicht die Todesursache, sondern die Betroffenen sterben meist an Infektionen, die sie sich zusätzlich zugezogen haben. Doch neben diesen körperlichen Gebrechen litten die Patienten Anfang des 20. Jahrhunderts wohl vor allem unter der Ausgrenzung. Die Angst vor Ansteckungen war groß und so wurden sie von anderen Menschen gemieden. Im kretischen Staat, aber auch an anderen Orten der Welt, kannte die Gemeinschaft im Umgang mit den Kranken keine Kompromisse: Wer Symptome aufwies, wurde sofort auf die Lepra-Insel bei Kreta verbannt.
Spinalongas Lage nur einen Steinwurf von der Hauptinsel entfernt muss für herzzerreißende Szenen auf der Lepra-Insel vor Kreta gesorgt haben. Man darf nicht vergessen, dass durchaus auch Kinder ihren Familien entrissen und auf die Insel der Vergessenen gebracht wurden. Man kann es sich also vorstellen, wie auf der einen Seite die Erkrankten am Ufer gestanden und die eigene Familie auf der anderen Seite des Wasser gesehen haben, zum Greifen nah und doch wohl nie wieder erreichbar. Wenn Du die Lepra-Insel bei Kreta einmal besuchst, solltest Du Dich dort einmal ans Ufer stellen und hinüberblicken, um zu verstehen, wie sich diese Verbannung in Sichtweite angefühlt haben muss. Doch so grausam diese Aussonderung der Kranken aus heutiger Sicht auch erscheint, so muss man auch die andere Seite bedenken. Es gab wirklich kein Heilmittel und ein Kontakt mit den Betroffenen führte früher oder später garantiert zu einer Ansteckung und damit über kurz oder lang zu einer Epidemie. Zudem hatten die Kranken auf Spinalonga wenigstens noch die Gelegenheit zum Kontakt mit anderen Menschen, statt gänzlich aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen zu werden und zumindest die Versorgung mit dem Nötigsten war auf der Insel der Vergessenen sichergestellt. Sogar finanzielle Leistungen erhielten die Bewohner; in der damaligen Zeit war das keineswegs selbstverständlich.
Viel mehr als das Nötigste allerdings war es zumindest am Anfang nicht, was die Menschen auf der Lepra-Insel von Kreta erwartete, auch das gehört zur Wahrheit. Neue Bewohner mussten durch einen Eingang auf die Insel, der „Dantes Tor“ genannt wurde, weil man nicht ahnen konnte, was dahinter auf einen wartete. Die Menschen wurden in den von den muslimischen Einwohnern zurückgelassenen und häufig in schlechtem Zustand befindlichen Häusern untergebracht und mussten oft mit zahlreichen, fremden Menschen auf engstem Raum zusammenleben. Die Folgeerkrankungen der Lepra, vor allem Infektionen und offene Wunden, wurden allenfalls notdürftig versorgt; zu mehr war das von den Behörden hastig errichtete Krankenhaus nicht in der Lage.
Nach einer Weile allerdings begannen die Bewohner der Lepra-Insel vor Kreta, sich mit den Gegebenheiten abzufinden und das Beste aus ihrer Situation zu machen. Bestärkt wurden sie darin sicher auch von der Tatsache, dass für die meisten der Tod keineswegs so schnell kam, wie man allgemein annahm. Es bildete sich eine echte Gemeinschaft unter den Bewohnern der Insel der Vergessenen. Gemeinsam besserten die Patienten die Wohnhäuser aus, errichteten Tavernen und ein paar kleine Geschäfte und sie kümmerten sich auch darum, dass mehr Krankenstationen verfügbar waren, damit die, die unter den Folgeerscheinungen der Lepra litten, unter würdigen Bedingungen leben konnten.
Dein Besuch auf der ehemaligen Insel der Vergessenen
Spinalonga beziehungsweise Kalydon ist ein Name, den Du Dir merken solltest und bei Deinem nächsten Besuch auf Kreta solltest Du unbedingt die Gelegenheit nutzen und einen Tagestrip auf die kleine vorgelagerte Insel machen. Plane möglichst so, dass Du ausreichend Zeit hast auf der Insel, denn obwohl sie klein ist, hat sie wirklich viel zu bieten, was Du Dir ansehen kannst. Nachdem die letzten Bewohner die Insel hatten verlassen können, war sie zunächst wieder einmal für mehrere Jahre in eine Art Dornröschenschlaf gefallen. Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn hin und wieder zogen Plünderer durch die verlassenen Straßen, was leider auch zu einigen Beschädigungen an den Bauwerken geführt hat. Ab 1970 begann die griechische Regierung damit, die ehemalige Krankeninsel zum Ausflugsziel zu machen und eine touristische Infrastruktur zu errichten. Durch nachfolgende Investitionen wurde das Angebot noch weiter ausgebaut und professioneller gestaltet.
- Ein Rundgang durch die ehemalige Kolonie
Wenn Du eine Überfahrt ab Agios Nikolaos gebucht hast – während der Hauptreisezeit im Sommer kann es durchaus sinnvoll sein, schon vorab eine Reservierung über das Internet vorzunehmen – dann hast Du die Möglichkeit, auch einen geführten Rundgang mit dazu zu buchen. Das bietet sich besonders dann an, wenn Du in erster Linie an der Geschichte der Insel und an der Vergangenheit als Lepra-Kolonie interessiert bist. Die Reiseführer zeigen Dir die Spuren aller Bevölkerungen, die im Laufe der Zeit auf der Insel zuhause gewesen sind und geben Dir einen ziemlich plastischen Eindruck davon, wie die Kranken sich das Leben auf der Insel der Vergessenen gestaltet haben. Du wirst dabei die ehemaligen Wohnhäuser sehen können, in denen die Kranken untergebracht waren und auch die Krankenhäuser. Vieles davon ist verfallen, aber dennoch ist der Anblick sehr gegenständlich und eindrucksvoll. Zu den spannendsten Stationen des Rundgangs zählen sicher der Desinfektionsraum und die kleine Kirche, die vor einigen Jahren sorgfältig renoviert worden ist. In einigen der restaurierten Wohngebäude findest Du darüber hinaus Fotos, die weitere Einblicke in die Geschichte ermöglichen. Aber ebendiese Geschichte geht ja noch um einiges länger zurück und so gehören bei den Führungen auch Besuche der auf einer Anhöhe liegenden venezianischen Festung mit zum Programm. Von hier oben hast Du übrigens einen wunderbaren Blick auf das Meer und hinüber nach Kreta.
- Spinalonga auf eigene Faust: Lost Places
Der geführte Rundgang ist optional, Du kannst Dich auch auf eigene Faust auf den Weg machen. Die Insel ist klein, Du wirst Dich sicher nicht verlaufen. Ganz besonders für Fans von Lost Places ist das natürlich eine tolle Sache. Eine ehemalige Leprakolonie ist in der Sammlung von Lost Places-Jägern wohl so etwas wie ein Royal Flush für Pokerspieler, denn der zu diesem Hobby untrennbar dazugehörende leichte Grusel ist angesichts der Geschichte des Ortes garantiert. Ebenso garantiert ist, dass Du auf so einer Tour auf eigene Faust tolle Bilder für Dein Vergessene-Orte-Album wirst schießen können. Du kannst mit einer Umrundung der Insel über die Ringstraße beginnen, das dauert etwa eine halbe Stunde. Als Lost Places-Jäger bist Du natürlich weniger auf der Suche nach den wiederhergestellten Häusern, sondern nach denen, an denen man das Nagen des Zahns der Geschichte erkennen kann. In den Gemäuern der alten Wohnhäuser wuchern an vielen Stellen die Pflanzen und zusammen mit den über hundert Jahre alten Steinbauten ergeben sich einige sehenswerte Motive. Noch ein Tipp in diesem Zusammenhang: Das Dorf der Leprakranken hatte auch einen kleinen Friedhof, den Du ebenfalls besichtigen kannst. Für welche Art des Besuchs Du Dich auch entscheiden wirst, ganz sicher wird Dir die geschichtsträchtige Insel im Gedächtnis bleiben.
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